JA, ICH HABE MEIN KIND ALLEINE GEBOREN!



- Ja, ich habe mein Kind alleine geboren. An einem gewöhnlichen Wochentag, so mitten in den Alltag hinein, gebar ich mein viertes Kind auf dem Wohnzimmerboden kniend zwischen der alten Nähmaschine meiner Uroma und der Rücklehne meines Patchwork-Sofas in meine Hände. -

Drei Monate lang habe ich mich auf diesen Moment bewusst vorbereitet. Gespürt aber habe ich dieses Ereignis bereits seit dem Beginn meiner Schwangerschaft. Fast jeden dieser 288 Tage habe ich mein Baby innerlich in einer kraftvollen Geburt geboren. Diese Bilder entstanden einfach so aus meinem Inneren heraus. Rückblickend waren sie meine selbst kreierte  Geburtsmeditation. Ich sehnte diese Geburt herbei. Um den Entbindungstermin herum sehnte ich die Wellen herbei. Ich wollte meinen Körper spüren, die freigesetzten Kräfte meiner Gebärmutter wirken lassen und mich voll und ganz vertrauensvoll in die tiefe Weisheit meines Körpers fallen lassen.

 Von Anfang an hatte ich diese Intuition, ein sich ankündigendes Bewusstsein. Trotzdem ging ich zuerst den mir bekannten Weg. Wie schon bei meiner dritten Geburt suchte ich mir eine Hausgeburtshebamme und ließ die großen Ultraschalluntersuchungen beim Arzt machen. Meine Hebamme war nett, aber gefunkt hatte es nicht. Ich sprach mit ihr bereits darüber, dass mir vorschweben würde, die Geburt alleine zu machen und sie nur „für den Notfall“ dabei zu haben. Die monatlichen Hausbesuche von ihr, meine Vorsorgetermine, beinhalteten die Urinkontrolle, das Abtasten des Bauches um den Gebärmutterstand und damit ihren Wachstum und damit das Wachstum des Babys zu überprüfen. Außerdem Gespräche über Gott und die Welt. Nach vier oder fünf solcher Termine war mir klar, dass ich das auch selbst machen konnte. Die Urinkontrolle nicht, ok, aber ich lebe ja mit meinem Körper und kann auch schon kleinere Gleichgewichtsstörungen schnell identifizieren. Meinen Bauch konnte ich selbst abtasten und als mir das klar wurde begann ich mich zu fragen, ob es mir das wirklich wert war, die Rufbereitschaftspauschale zu bezahlen, für die Anwesenheit einer Frau bei der Geburt meines Kindes mit der mich nichts verband und die mir auch leider keine neuen Impulse geben konnte. Wahrscheinlich hatte ich innerlich schon längst die Klarheit, dass ich bei der Geburt meines Babys vollständig alleine sein würde. Diese innere Haltung machte mich nicht nur unempfänglich gegen alles das nicht mit dem Thema „Alleingeburt“ zu tun hatte, nein es entwickelte sich eine richtige Abwehrhaltung gegen Bedenken und zur Vorsicht mahnende Ratschläge von außerhalb.

Letztlich traf ich die bewusste Entscheidung, keine weitere Schwangerschaftsbegleitung durch Arzt oder Hebamme in Anspruch zu nehmen und auch die Geburt alleine und in Eigenregie zu machen ca drei Monate vor dem errechneten Entbindungstermin. Ich spürte, dass dies der einzige Weg war den ich gehen wollte. Einfach weil es sich richtig anfühlte. Ich sagte meiner Hebamme ab und vereinbarte keinen weiteren Termin bei meinem Gynäkologen.

Ich wusste nicht, was auf mich wartete oder wo mich dieser Weg hinführen würde. Ich wusste nur, dass sich diese Entscheidung richtig anfühlte und bis zum Schluss trug ich keinen Zweifel in mir. Es begann eine Reise in mich selbst auf der ich erkannte, was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Ich musste auf diesem Weg die Bereitschaft aufbringen, die volle Verantwortung für mich und mein, zu diesem Zeitpunkt noch ungeborenes, Kind zu übernehmen – was auch immer passierte. Dies gelang mir nur indem ich mich von meinem Risiko-Denken befreite. Ein Risiko-Denken das mir als Frau suggerierte, dass Geburt etwas ist, wovor man Angst haben muss weil Situationen entstehen können in denen mein Leben und das Leben meines Kindes in Gefahr sein können. Ein Risiko-Denken, das vor Allem davon spricht, was schief gehen kann. Ein Denken, das mir als Frau versagt, in die Kräfte meines Körpers und in die Weisheit und Erfahrung der Natur zu vertrauen. Es war mir klar, dass ich diesen Weg nicht mit meinem Verstand gehen konnte. „Vernunft“ nahm eine andere Dimension an. Sie war nicht mehr an das vom Verstand geleitete Denken geknüpft sondern vernünftig war einzig was zum Wohle meines inneren Zustandes diente, der nur durch Erfahrungen Veränderung und Wachstum erfährt.

Ich begegnete einigen dieser „gemachten“ Ängste aber ich begegnete auch jenen Anteilen in mir die Vertrauen bargen, Ruhe und Geduld. Ich lernte mich abzugrenzen, lernte zu unterscheiden zwischen den Ängsten der Anderen und den Meinen. Und ich weinte in dieser Zeit so viele Tränen. Berührt durch Musik, Erinnerungen oder auch Gespräche weinte ich Blockaden, alte Schmerzen und Ängste aus mir heraus. Ich befreite mich von Altlasten, streifte alte Hautfetzen ab und ließ meine neue Haut durchscheinen. Ich schuf Platz für das neue „Ich“ das darauf wartete, sich entfalten zu dürfen. 

- Als es dann soweit war, war ich pures Vertrauen und reine Liebe. Ich wurde zu meinem Atem und beobachtete meinen Körper dabei wie er mein Kind gebar. Das anfängliche „Ver-Atmen“ entwickelte sich zu einer kraft- und lichtvollen „Mit-Atmung“. Ich gab meinem Körper was er benötigte um mein Kind loszulassen. Atmung. Entspannung. Die richtige Position. Der Kopf meines Sohnes schob sich in meine rechte Hand. Und da waren wir. -

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