Ich habe es satt! Und ich bin Mutter.


Ich habe es satt! 
Und ich bin Mutter. 

Was die Gesellschaft über das Muttersein denkt: 

Muttersein bedeutet, sich voll und ganz dem Jungspross zu widmen. 
Muttereigene Interessen und Bedürfnisse stehen stets hinter jenen des Zöglings. 
Kraftlosigkeit des Muttertiers wird geahndet. 
Die Mutterfigur hat stets liebe-und verständnisvoll zu reagieren. 
Strenge - so die menschliche Funktionalität gesellschaftlich erwünscht ist - sollte nicht in der Öffentlichkeit gezeigt werden. 
Es werden ausschließlich Mutter-Kind-Verbindungen akzeptiert, die auf funktionaler Ebene den reibungslosen Ablauf systemisch notwendiger Prozesse garantieren. 
Die Herde ist gewillt Muttertier und Jungmensch aufzunehmen und zu akzeptieren, sofern die Mutter sich in der Lage zeigt, gemäß den gesellschaftlichen Vereinbarungen zu agieren und ihr Kind den Richtlinien entsprechend zu ERZIEHEN. 
Individuelles Verhalten der Mutter ODER des Zöglings werden nicht akzeptiert. 
Es ist dem Muttertier nicht gestattet, Beschwerden über das Muttersein kundzutun. 

Was eine Mutter über das Muttersein denkt, hier: ICH:

Fuck off!! 

Ich habe es verdammt nochmal satt!


Ich mache den vielleicht wichtigsten Job der Welt: Ich begleite Kinder auf ihrem Weg, von innen heraus agierende Menschen zu !!!bleiben!!! . Ich beschütze sie vor allem und jeden, das und der oder die ihnen ihre Integrität nehmen will. Ihre Selbstachtung und ihren Selbstwert. Ich lehre sie, Menschen zu beobachten, Menschen zu sehen. Ich lehre sie, ihrem Gefühl zu vertrauen. Ich lehre sie alles, was ich weiß. 

Nebenbei hoffe, ich, dass unser Kühlschrank nicht leer geht, dass mein Konto nicht gepfändet wird weil sich die Rechnungen stapeln, ich hoffe, dass sie kein Trauma bekommen, weil ich am Abend keine Kraft mehr für eine Gute-Nacht-Geschichte und stundenlanges Kuscheln habe. Ich hoffe, dass sie kein zweites Trauma bekommen weil ich in schlechten Phasen aus Hilflosigkeit rumschreie und vielleicht auch mal einen Teller auf den Boden schmeiße. 
Ich hoffe, dass ich ihnen genug bin. 

Ich lebe von dem Geld meiner Kinder. Ja, richtig verstanden. Ich Schmarotzerin. Bin nicht in der Lage, für meinen Lebensunterhalt zu sorgen. So nebenbei. Oder hauptsächlich? Nur, dann wären ja die Kinder so nebenbei. Oder bin es eigentlich nicht einfach Ich, die so nebenbei…? 

So ist es nämlich. Ich bin nebenbei in meinem Leben. So ganz zufällig gibt es mich auch noch. Und weil das nicht genügt, soll ich doch Bitteschön auch noch auf eine Weise Mutter sein, die allen gefällt.

Was im Grunde heisst: Ich soll doch bitte einfach nur funktionieren. 

Das finde auch meine Kinder, wenn ich sie nicht frage. Die gehen ja einfach davon aus, wie auch ich als Kind, dass Mama übermächtig ist. Sie weiß alles, sie kann alles. Immer und zu jeder Zeit. Sie hat kein eigenes Leben. Sie ist immer abrufbar. Ihre Bedürfnisse und ihr Wohlergehen sind einfach nicht vorhanden. Jedenfalls solange nicht, bis ich es ihnen sagen. 

Die Gesellschaft will mich also funktional. Das Jobcenter würde mich gerne in den Arbeitsmarkt integrieren. Damit das System weiter funktioniert. Und damit meine Kinder lernen, dass man nicht sein Leben lang zu Hause bleiben und seiner Lust und Freude folgen kann. Das geht nicht. Das funktioniert nicht. Das macht man nicht. 

Schade, denn ich hatte viel Lust und Freude daran, meine Kinder zu machen. Sie zu empfangen. Sie auszutragen und zu gebären. Sie zu nähren, ihren Seelen einen menschlichen Körper zu schenken. 
Dieses Wunder wird in unserer Gesellschaft hochgradig schizophren behandelt. Der Beruf „Mutter“, so unbezahlbar, ist heutzutage ein Fall für das Sozialamt. „Nur“ Mutter. Ich bin nur Mutter. Tut mir leid, dass ich es nicht weiter gebracht habe. Und meine Kinder, ja die werden wohl mal eher rebellisch. Die lernen von mir nämlich nicht, wie das geht, dieses Funktionieren. 

Ja, meine Kinder, die wachsen nicht mal alle bei mir auf! Oh mein Gott, wie kann sie nur! Und auch noch die eigene Tochter. Abgeschoben! Verantwortung abgegeben. Warum hat sie sie überhaupt bekommen? 

Frage: Geht das jetzt gegen mich oder gegen das Leben meiner Tochter? 

Nächste Frage: Was bedeutet es eigentlich, Verantwortung zu übernehmen?

Wer weiß denn schon, was Muttersein bedeutet? Richtig! Eine Mutter. Und welche Mutter zwängt sich nicht in das Vorstellungskorsett der anderen, wie sie ihren Job auszuführen hat? Ich weiß, es gibt einige. Und ich, ich gehöre dazu. 

Denn eines Tages kam mir so die fixe Idee, dass die Art und Weise, wie das Muttersein überwiegend gelebt wird nicht ganz meins ist. Jeder hat so seine Vorstellungen. Auch und ganz viel darüber, was Kinder so brauchen, wie man am besten mit ihnen umgeht, insbesondere in schwierigen Phasen wie die ersten 18 Lebensjahre. 
Die werden dann noch in eine Millionen Wachstumssprünge, tausend verschiedene Arten von Pubertäten und Trotzphasen unterteilt. 
Ich kenne Erwachsene, bei denen hat das nie aufgehört. Und das tut es auch nicht. 
Immerhin erneuten sich alle Zellen in unserem Körper alle sieben Jahre einmal vollständig. Oder so ähnlich. Und wenn das so ist, dann haben wir doch alle sieben Jahre die Chance, uns von Grund auf zu verändern, oder nicht? Egal, anderes Thema. 

Falls ich es nicht schon erwähnt habe: 

ICH HABE ES SATT!!

Nein, nicht das Muttersein. Ich liebe es. 

Satt habe ich die Vorstellungen darüber.
Satt habe ich es, einen verdammt guten Job zu machen und dafür gesellschaftlich geächtet zu werden. 
Satt habe ich es, dass Respekt und Achtung davon abhängen, wie mein Lebenslauf aussieht und was ich damit erreicht habe. 
Satt habe ich es, dass drei Welten auf meinen Schultern lasten und ich ab Mitte des Monats Angst haben muss, dass wir nicht mehr satt werden. Dass ich nicht mehr regionale Demeter-Lebensmittel einkaufen kann. Ja verdammt, ich will Bio. Und zwar das Beste vom Besten! Weil ich diese billige Großkonzern-Supermarkt-Scheiße nicht meinen Kindern vorsetzen und ihnen als Nahrung verkaufen kann und will. Es ging schon nicht anders. Klar kenne ich Netto, Lidl und Co. auch von innen. 
Satt habe ich es, nicht sagen zu dürfen, dass es verdammt nochmal anstrengend ist, Mutter zu sein. Noch dazu alleine.
Satt habe ich es, dass alle Welt denkt, Mutter zu sein sei der Himmel auf Erden und die Liebe der Kinder sei aller Dank den ich brauchen würde. 
Satt habe ich all die Erwartungen daran, wie ich diesen Job auszuführen habe und wie ich mich dabei fühlen soll. 

Alleinerziehend Mutter sein bedeutet, jeden Tag um das eigene innere Überleben zu kämpfen. 
Es bedeutet, fortlaufend die eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen. Fremd bestimmt zu sein. Freie Zeit muss erkämpft oder erkauft werden. Vor allem aber muss sie rechtfertigt werden. 

Sie ist doch schon den ganzen Tag zu Hause und jetzt will sie auch noch Zeit für sich. Wie anspruchsvoll! Wie dekadent. Wie egoistisch! 

Der Punkt ist: Die Erwartungshaltung an alleinerziehende Mütter ist bei Weitem zu hoch. 

Wir müssen nach Unterstützung und Hilfe fragen. Denn das ist kein Teil unseres Systems. Alleinerziehende sind nicht vorgesehen. 
Und wir müssen uns dafür schämen. 
Wir fühlen uns schlecht, weil wir es nicht schaffen. 
Also schultern wir und schultern, schlucken wir, stellen uns zurück und hinten an, wieder und immer wieder. 
Jahrelang. 
Wir machen das so lange, bis es nicht mehr geht. 
Bis wir vor Erschöpfung am Boden liegen. Um mit derselben Belastung weiterzukriechen.

Es muss ein Umdenken her. 
Alleinerziehende sind keine Seltenheit mehr. 
Sie sind ein massiver Bestandteil unserer Gesellschaft. 
Und sie brauchen verdammt nochmal Unterstützung. 
Finanziell genauso wie sozial.

Ich bin alleinerziehende Mutter und ich will mir verdammt nochmal keine Sorgen mehr darüber machen zu müssen, meinen Kindern die Erfüllung ihrer Notwendigkeiten und Bedürfnisse nicht leisten zu können. Und das, ja Achtung, ich Geldgierige, hängt zum allergrößten Teil am verdammten Geld. 

Und es geht hier nicht um glücklich sein. Es geht um Entlastung. Um Freiheiten, die erkauft werden können, was im Übrigen alle machen. Der Babysitter am Wochenende, der Kurztrip ins Wellnesshotel, der Urlaub nach Südamerika. 
Alleinerziehende sind unbeweglich. Hochgradig. Wir stecken in einem Loch und da sollen wir gefälligst auch bleiben. Und uns bloß nicht beschweren, dass es da dunkel und kalt ist. Dankbar sollen wir sein. War ja schließlich unsere Entscheidung, Kinder zu bekommen. Ich flipp gleich aus! 

Diese Gesellschaft ist durchsetzt von Vorurteilen, Meinungen und Unverschämtheiten. 

Wer nicht ins System passt ist nicht einfach raus, nein, der kommt in ein Loch. Immerhin muss der von Ressourcen ausgehöhlte Boden ja irgendwie wieder gestopft werden.

Es mag sein, dass ich hier einiges durcheinander bringe. Es mag sein, dass ich Zusammenhänge herstelle wo keine sind. Und das ist mir scheiß egal denn ich habe es einfach satt!

Ich fordere mehr Geld für Alleinerziehende. 
Ein Fond. 
Eine Kasse. 
Nur für Alleinerziehende. 
Eine finanzielle Wertschätzung. 

Ich schäme mich weil ich es nicht gebacken bekomme, meinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Weil ich Kinder habe. Weil ich nicht bereit bin, meine Kinder 8, 9 Stunden am Tag fremd-betreuen zu lassen, damit den Großteil ihrer Entwicklung zu verpassen und ihnen somit nicht zeigen kann, welche Art von Leben ich als richtig empfinde. Was sie daraus machen, ist ihrs. 

Der Punkt ist: Ich schäme mich nicht, weil ich denke, dass es falsch ist. Nein, ich schäme weil die Gesellschaft es so will. Weil es nicht akzeptabel ist, kein Geld zu verdienen. 

Ich arbeite nicht, weil ich meine Kinder liebe. 
Ich habe schon gearbeitet.
Im Spagat aber war ich noch nie gut. 
Der ist einfach nicht haltbar. 
Es ist keine natürliche Position. 
Das überdehnt sich einfach. 
Schlecht gelaufen ist so übrigens auch. 
Geschweige denn von allen anderen Tätigkeiten wie kochen, aufräumen oder kacken. 




Kommentare

  1. Liebe Christin, ich würde gerne in Kontakt mit dir kommen, am liebsten per Mail. Ich sehe vieles ähnlich wie du und würde mich gerne mit dir austauschen. Ich heiße Juliane, bin auch Mutter von einem Sohn, 5 Jahre alt und schwanger im Endstadium sozusagen. Bin über das Thema Alleingeburt auf dich gekommen und habe auch mitbekommen, dass du deine Dienste als freie Doula anbieten willst. Ich würde wirklich gerne mit dir in Kontakt kommen. Wenn du auch magst, wie können wir das am besten einfädeln? Ganz liebe Grüße Juliane

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    1. Hallo Juliane, vielen Dank für deine Kontaktaufnahme! Meine Mailadresse ist sachrischa@gmail.com . Ich freue mich schon auf deine Nachricht! Alles Liebe, Christin <3

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